„Substitutionsbehandlung im Team - Wie geht das?“

 

81.300 Patientinnen und Patienten waren zum Stichtag 1. Juli 2020 beim deutschen Substitutionsregister gemeldet. Seit rund zehn Jahren lässt sich ein langsam, aber stetig steigender Trend in der Substitutionsbehandlung beobachten. Andererseits ist im gleichenZeitraum die Anzahl der substituierenden Ärztinnen und Ärzte leicht auf 2.545 zurückgegangen. Außerdem gibt es in Deutschland und auch in Bayern zahlreiche Regionen, in denen es kein Substitutionsangebot für Patienten gibt. Damit die Behandlung gelingen kann, ist eine berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit unerlässlich. Nach der Einstellung auf eine stabile medikamentöse Substitutionsdosis gilt es, die weiteren Problemfelder der opioidabhängigen Menschen anzugehen. Psychologen, Psychotherapeuten und Sozialpädagogenhelfen bei der Bewältigung psychischer und sozialer Schwierigkeiten, Apotheker stellen die Versorgung mit dem jeweiligen Substitutionsmittel sicher. Das 20. Suchtforum, das am 28. Juli 2021 als Web-Seminar angeboten wird, widmet sich dem Thema „Substitutionsbehandlung im Team – Wie geht das?“ und wirft einen Blick aus unterschiedlichen Perspektiven auf die aktuelle Lage der Substitutionsbehandlung.

„Die Substitutionstherapie Opioidabhängiger ist ein gutes Behandlungsangebot für Personen, die an einer Abhängigkeit von Opioiden – meist Heroin – leiden“, erklärt Dr. med. Gerald Quitterer, Präsident der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK). Die BLÄK unterstützt Ärztinnen und Ärzte sich hierfür zu qualifizieren, zum Beispiel in der Weiterbildung mit der Möglichkeit, die Zusatzbezeichnung „Suchtmedizinische Grundversorgung“ zu erwerben. Dr. med. Heidemarie Lux, Suchtbeauftragte des Vorstandes der BLÄK, ergänzt: „Die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) und die Richtlinien der Bundesärztekammer regeln unter anderem die Rechte und Pflichten der Ärzte bei der Substitution. Die Novellierung dieser Verordnung vor vier Jahren hat sicherlich zu mehr Rechtssicherheit für die Ärzte geführt, allerdings kommt es immer wieder vor, dass Staatsanwälte ermitteln und Praxisdurchsuchungen anordnen bei korrekt durchgeführten Substitutionsbehandlungen. Dadurch werden engagierte Substitutionsärzte fälschlicherweise kriminalisiertund demotiviert.“

Professor Dr. med Oliver Pogarell, 1. Vorsitzender der Bayerischen Akademie für Suchtfragen (BAS), berichtet, dass die SARS-CoV-2-Pandemie die Versorgungssituation sowohl für unbehandelte Opioidabhängige als auch für Personen in laufender Substitution verschärfe: „Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren hatten die Nutzung langfristiger therapeutischerAngebote beeinträchtigt, niedrigschwellige Harm-Reduction-Ansätze mussten vielerorts ausgesetzt werden. Mittlerweile konnte durch Anpassungen des Suchthilfesystems, Sonderregelungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und Ausnahmen von der BtMVVdurch das Bundesgesundheitsministerium (SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung) die Versorgung stabilisiert werden. Unabhängig von der Pandemie gilt es, ein flächendeckendes Substitutionsangebot sicherzustellen, das allen Patienten möglichst barrierefrei und wohnortnah zugänglich ist, eine stabile medizinische und psychosoziale Versorgung gewährleistet und Teilhabemöglichkeiten am Gesellschafts- und Arbeitsleben bietet.“

Ulrich Koczian, Vizepräsident der Bayerischen Apothekerkammer (BLAK), betont, dass die Substitutionstherapie eines interdisziplinären Netzwerks bedürfe, in dessen Mittelpunkt der Patient stehe und „aufgefangen“ werde – nur so könne gemeinsam das individuelle Therapieziel erreicht werden: „Den Apotheken kommt dabei nicht nur die Rolle des Ausführenden von entsprechenden Verordnungen zu; aufgrund ihres flächendeckendenund dichten Netzes kann durch die Übernahme der Sichtvergabe im Auftrag des Arztesdurch öffentliche Apotheken eine flexible, wohnortnahe und an den Bedürfnissen des Patienten ausgerichtete Versorgung vor allem auch in ländlichen Regionen gewährleistet werden. Die Bedeutung dieser individuellen, flexiblen und schnell verfügbaren Betreuungsmöglichkeit hat sich gerade in der Pandemie eindrucksvoll gezeigt. Darüber hinaus stehendie Arzneimittelexperten selbstverständlich als Ansprechpartner zu allen Fragen in dem sehr komplexen Bereich der medikamentösen Therapie bei dieser speziellen Patientengruppe zur Verfügung. Um eine optimale Versorgung der steigenden Zahl an Substitutionspatienten auch zukünftig im ambulanten Setting zu gewährleisten, dürfte es jedoch unabdingbar sein, an der ein oder anderen Stellschraube nachzujustieren, dies betrifft insbesonderedie Vergütung der Sichtvergabe in Apotheken.“

Professor Dr. Heiner Vogel, Vorstandsmitglied der Bayerischen Landeskammer der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (PTK Bayern), erklärt: „Opioidabhängige Patientinnen und Patienten, die sich in einer Substitutionsbehandlung befinden, weisen neben den mit dem Konsum assoziierten gesundheitlichen Risiken auch viele weitere psychosoziale Probleme auf, wie Arbeitslosigkeit, Kriminalität, soziale Ausgrenzung oder Wohnungslosigkeit. Daneben konnten Studien zeigen, dass mehr als die Hälfte dieser Patienten von weiteren psychischen Erkrankungen betroffen ist, hier vor allem Depressionen, Persönlichkeitsstörungen und Angststörungen. Psychosoziale Begleitung bzw. psychotherapeutische Hilfen sowie die damit verbundene berufsgruppenübergreifende Zusammenarbeit sind also bei dieser Personengruppe angezeigt. Ziele und Wege einer ergänzenden Psychotherapie können vielfältig sein und von der Reduktion des Beigebrauches, über die Linderung komorbider psychischer Störungen bis zur Erreichung von Abstinenz gehen. Die Substitutionsbehandlung schafft hierbei für sehr viele Betroffene nicht nur den nötigen Rahmen, um weitere psychosoziale Probleme anzugehen, sondern bildet durch die Entkriminalisierung des Konsums eine entscheidende Voraussetzung. Eine Behandlung schwer abhängigkeitserkrankter Personen kann nur gelingen, wenn eine qualifizierte Substitutionsbehandlung in Kombinationmit psychosozialen und psychotherapeutischen Zielen im multidisziplinären Team umgesetztwird.“

Das 20. Suchtforum wird gemeinsam von BAS, BLÄK, BLAK und PTK Bayern am 28. Juli 2021 online als Web-Seminar veranstaltet. Zielgruppe sind vor allem Ärzte, Apotheker, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Mitarbeiter von Suchthilfeeinrichtungen, Suchtberatungsstellen sowie weitere mit dem Thema Abhängigkeitserkrankungen befasste Berufsgruppen.Anmeldung über die Webseite:https://register.gotowebinar.com/register/5171357642952576780

Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS)
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Die BAS beschäftigt sich als Transferinstitut zwischen Forschung und Praxis mit wissenschaftlichenund praxisbezogenen Fragestellungen der Prävention und Behandlung von Suchterkrankungen. Siewurde im Herbst 1997 mit dem Zweck gegründet, die Verbesserung des öffentlichen Gesundheitswesensim Suchtbereich gezielt zu fördern. Zum Themenkreis der BAS gehören körperliche und psychosoziale Störungen beziehungsweise Krankheiten im Zusammenhang mit Alkohol, Nikotin, illegalen Drogen und psychoaktiv wirkenden Medikamenten. Darüber hinaus befasst sie sich auch mit den sog. nicht-substanzgebundenen bzw. Verhaltenssuchten wie den pathologischen Glücksspielen. Auch weitere mit Abhängigkeitsstörungen assoziierte Gesundheitsthemen wie z. B. Angststörungen, Depressionen oder Essstörungen werden behandelt. Ein zentrales Ziel der BAS besteht in der Förderung des Transfers zwischen Wissenschaft und Praxis. Neben der jährlichen Vortragsreihe organisiert sie regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen und Tagungen

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Die BLAK ist die Berufsvertretung der bayerischen Apothekerinnen und Apotheker. Sie ist Körperschaftdes öffentlichen Rechts und unterliegt der Aufsicht des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege. Die Apothekerkammer wacht über die Erfüllung der Berufspflichten durch die Apothekerinnen und Apotheker und vertritt die beruflichen Interessen der Apothekerschaft gegenüber Politik und Gesellschaft. Darüber hinaus bietet sie ihren über 15.000 Mitgliedern eine Vielzahl an unterstützenden Dienstleistungen und Services, wie zum Beispiel ein breites Angebot an Fort- und Weiterbildungen oder ein apothekenspezifisches Qualitätsmanagementsystem. Die Apothekerkammer gewährleistet durch ihre Mitglieder eine ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und trägt damit aktiv zum Patienten- und Verbraucherschutz bei.

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Die BLÄK wurde 1946 als Körperschaft des öffentlichen Rechts gebildet. Sie ist zusammen mit 63 Kreisverbänden und acht Bezirksverbänden die gesetzliche Berufsvertretung aller bayerischen Ärzte. Zu den Aufgaben der BLÄK gehören unter anderem die Wahrnehmung der beruflichen Belange der Ärzte, die Förderung der ärztlichen Fortbildung sowie die Überwachung der Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten. Die BLÄK engagiert sich derzeit für rund 90.000 Ärztinnen und Ärzte. Alle zur Berufsausübung berechtigten Ärztinnen und Ärzte, die im Freistaat ärztlich tätig sind oder dort ihren Hauptwohnsitz haben, sind Pflichtmitglieder der BLÄK.

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Die PTK Bayern ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und die Berufsvertretung der rund 8.800 Psychologischen Psychotherapeut*innen und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen in Bayern. Nach dem Heilberufe-Kammergesetz (HKaG) gehört es zu den wesentlichen Aufgaben der Heilberufekammer, die beruflichen Belange ihrer Mitglieder wahrzunehmen, die Erfüllung der psychotherapeutischen Berufspflichten zu überwachen, die psychotherapeutische Fortbildung zu fördern und in der öffentlichen Gesundheitspflege mitzuwirken.